Diagnose Krebs – und jetzt?

Prof. Dr. med. Hans Tesch, Facharzt für Innere Medizin, Onkologie (Krebs) und Hämatologie (Blutkrankheiten) plädiert im Interview für eine ganzheitliche Behandlung und Betreuung bei einer Krebsdiagnose.

Es ist mit das Schlimmste, was einem passieren kann: Die Diagnose Krebs bedeutet für die meisten Patienten und ihre Angehörigen einen dramatischen Einschnitt im Leben. „Wir wissen, dass viele Menschen eine große Angst davor haben, an Krebs zu erkranken“, sagt Prof. Dr. med. Hans Tesch, Facharzt für Innere Medizin, Onkologie (Krebs) und Hämatologie am Bethanien Krankenhaus in Frankfurt. „Der Gedanke, dass Krebs eine bösartige Krankheit ist, an der man häufig sterben kann, erschüttert jeden zutiefst“, so der Experte.

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Was tun, wenn man die Krebsdiagnose gerade erst bekommen hat?
Wo gibt es Rat und Hilfe für die ersten Tage? Und worauf kommt es jetzt vor allem an? Sehr wichtig ist, in dieser so bedrohlich erlebten Situation zu differenzieren und genau zu schauen, wie es der Patientin oder dem Patienten gerade geht. „Wir wollen den Menschen mit Krebs ganzheitlich beraten“, erklärt Prof. Dr. med. Hans Tesch, „deshalb arbeiten wir in einem Team aus Ärzten vieler Disziplinen zusammen, unter anderem sind das Onkologen, Chirurgen, Pathologen, Strahlentherapeuten, Psychoonkologen und natürlich medizinische Fachangestellte.“

Prof. Dr. med. Hans Tesch, Facharzt Onkologie

Prof. Dr. med. Hans Tesch

ist Facharzt für Innere Medizin mit den Schwerpunkten internistische Onkologie und Hämatologie (Krebs und Blutkrankheiten).
Er leitet das Onkologische Zentrum Frankfurt Nord-Ost, ein Netzwerk aus Kliniken und Praxen. Das große gemeinsame Ziel: krebskranke Menschen ganzheitlich und interdisziplinär zu behandeln.
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Herr Prof. Tesch, was macht die Diagnose Krebs so belastend für Patienten?

Da ist vor allem die Angst vor der Erkrankung und vor dem, was jetzt passieren wird. Das Leben wird ja durch die Diagnose auf den Kopf gestellt. Überhaupt erst einmal zu verstehen, welche Diagnose ich habe, was sie genau bedeutet, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, ist sehr belastend. Das ist ein Prozess, und es kommen im Laufe der Zeit immer mehr Fragen hinzu. Wir haben in unserem Team die Erfahrung gemacht, dass die meisten Menschen in dieser belastenden Situation in einem Gespräch nicht mehr als drei wichtige Informationen verstehen und behalten können. Daher sollte man sich zu Beginn der Aufklärung auf die wesentlichen Punkte beschränken und den Patienten Zeit zum Nachdenken geben.

Mit einer Krebserkrankung und Behandlung kommen gleichzeitig viele verschiedene, teilweise schwer verständliche Informationen auf Patienten und ihre Angehörigen zu.

In der Tat gibt es sehr viele, sehr komplexe und sehr unterschiedliche Informationen, die jetzt für die Patienten und ihre Angehörigen wichtig sind. Da reicht ein 30-Minuten-Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt über die Diagnose, die Krebstherapie und Behandlungsmöglichkeiten nicht aus, um alles zu begreifen. Das Arztgespräch sollte durch weitere schriftliche Informationen zur Erkrankung und Behandlung ergänzt werden.

Welche Unterstützung brauchen Betroffene jetzt vor allem?

Die meisten Patienten sind zu Anfang sehr verunsichert. Sie brauchen vor allem Vertrauen – zu der Ärztin oder dem Arzt, der sie begleitet und der die Diagnose Krebs und die Behandlung erläutert.

Was kann ich tun, wenn ich als Krebspatient kein Vertrauen in die Diagnose habe?

Eine Krebserkrankung ist eine sehr ernsthafte Erkrankung. Da ist es für Patienten sehr wichtig, sicher zu sein, dass ihre Diagnose zutreffend und gut fundiert ist. Aufgabe der Ärzte ist, dieses Vertrauen zu schaffen. Ich halte es für sinnvoll, dass Patientinnen und Patienten, die Zweifel an ihrer Krebsdiagnose haben, sich gegebenenfalls eine zweite Meinung einholen.

Wie geht das Leben nach der Diagnose Krebs weiter?

Wenn alle notwendigen Untersuchungen gemacht wurden und die Diagnose Krebs feststeht, ist der nächste Schritt, in einem oder mehreren Gesprächen zu entscheiden, welche Therapie die richtige ist. Auch hier braucht es ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Die Behandlungssituation kann ja je nach Erkrankung, Art und Stadium des Tumors sehr unterschiedlich sein. Auch das Lebensalter und die Lebenssituation spielen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Behandlung. Im Gespräch mit den Patienten kommt man immer wieder zu der Frage: Welche Ziele und Erwartungen haben Sie? Jemand, der mit 20 Jahren an Krebs erkrankt, hat zum Beispiel oft ganz andere Ziele und Perspektiven als jemand, der 80 Jahre alt ist und viele Begleiterkrankungen hat. Gemeinsam mit den Patienten den passenden Behandlungsweg zu finden, das ist eine Herausforderung, die ein großes und kompetentes Team besser bewältigen kann.

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Sie und Ihr Netzwerk setzen sich für eine interdisziplinäre und ganzheitliche Behandlung von krebskranken Menschen ein. Was gehört unbedingt dazu?

Neben den eben schon erwähnten Diagnose- und Behandlungs­schritten gibt es viele praktische Themen im Alltag, die für die Patienten sehr wichtig sind. Zum Beispiel Fragen zur Ernährung, zu Bewegung und Sport oder Medikamenten und deren Nebenwirkungen. Aber auch Fragen in Bezug auf die berufliche oder finanzielle Situation, Arbeitsfähigkeit, Rente und andere soziale Probleme können sich stellen.

Gibt es auch Hilfe und Unterstützung für die Familie und die Angehörigen?

Ja, unbedingt. Eine ernsthafte Erkrankung betrifft ja immer auch die Partnerin oder den Partner oder die Familie. Ich bin sehr froh, wenn Angehörige bei den Gesprächen dabei sind. Den Patienten tut es sehr gut, einen vertrauten Menschen zur Seite zu haben. Und die Angehörigen tragen oft dazu bei, dass wichtige Themen wie Nebenwirkungen, psychische Probleme, Schmerzen oder das allgemeine Befinden vertieft werden. Angehörige fühlen sich somit integriert und nicht ausgeschlossen. Zwischen dem Arzt, dem Patienten und den Angehörigen entsteht ja meist im Verlauf der Erkrankung eine enge Beziehung. Von den ersten Untersuchungen über die Diagnosestellung bis zur Behandlung, Therapie und Nachsorge ist es häufig ein langer und intensiver Weg, den alle gemeinsam gehen – der Patient, die Ärzte, das Pflegeteam und die Angehörigen.

Was halten Sie von Selbsthilfegruppen für Krebspatienten und ihre Angehörigen?

Die sind ganz wichtig, und wir arbeiten eng mit verschiedenen Selbsthilfegruppen zusammen, zum Beispiel mit Mamma Mia, der Frauenselbsthilfe nach Krebs, Mammazone und anderen.

Dürfen Krebspatienten und/oder ihre Angehörigen auch Angst haben und mutlos sein?

Natürlich dürfen sie das, das ist ganz normal. Auch, dass die Tränen fließen. Angst ist eins der Symptome, die häufig bei einer Krebserkrankung vorkommen. Es ist ganz wichtig, dass Patienten über ihre Angst sprechen können. Deshalb bieten wir immer medizinische und psychologische Beratung und Behandlung an.

Gibt es auch Psychoonkologinnen und -onkologen in Ihrem Team?

Ja. Wir arbeiten sehr eng mit Psychoonkologinnen und -onkologen zusammen. Sie sind wichtige Gesprächspartner für Patienten. Sie können den Patienten Ratschläge geben, wie man selbst mit so einem einschneidenden Ereignis wie der Diagnose Krebs umgeht oder wie man es schaffen kann, dass in schweren Zeiten die Angst nicht die Oberhand gewinnt.

Sie haben mit anderen Ärztinnen und Ärzten zusammen eine neue Fortbildung ins Leben gerufen. Die Fortbildung zum OncoCoach. Was macht ein OncoCoach?

Wir Ärzte haben in den letzten Jahren immer häufiger festgestellt, wie wichtig die Kommunikation mit den Patienten ist. Neue Therapieverfahren und komplexere Therapiekonzepte besonders in der ambulanten Versorgung haben den Betreuungs-, Informations- und Gesprächsbedarf deutlich erhöht. Mit der OncoCoach-Fortbildung bilden wir onkologisches Fachpersonal aus, um Patienten besser durch die Therapie zu begleiten. OncoCoaches koordinieren die interdisziplinäre Betreuung der Patienten im multiprofessionellen Team. Sie führen Pflegegespräche durch, beraten und begleiten Patienten wie Angehörige und sind bei emotionalen Belastungen für sie da. Ein wichtiger Punkt ist auch die Schulung von Patienten im Umgang mit Medikamenten und deren Nebenwirkungen sowie die Vorbereitung auf mögliche Notfallsituationen. Bundesweit gibt es verschiedene Modelle für Patientencoachings durch medizinische Fachkräfte. Sie alle haben eins gemeinsam: Sie verbessern die Situation und Kommunikation zwischen Ärzten, Pflegefachkräften und Patienten. Und: Studien zeigen, dass sich Patienten mit einem Coaching besser versorgt und weniger hilflos fühlen.

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